Das 24. LVR-Forum Naturschutz und Kulturlandschaft im Rheinland fand am 02. April von 17:30 Uhr bis 19:30 Uhr im Rheinlandsaal des Landeshauses statt. Die drei informativen Vorträge boten einen tiefen Einblick in das Thema Wald und Walbewirtschaftung und wurden von einem zahlreich erschienenen Publikum, vor Ort und im Internet, gebannt verfolgt.
Nach der Eröffnung durch Herrn Kohlenbach (LVR-Fachbereichsleiter Regionale Kulturarbeit), leitete Herr Dr. Boomers (Geschäftsführer der Biologischen Station Mittlere Wupper und 1. Vorsitzender des Dachverbandes der Biologischen Stationen Nordrhein-Westfalen) als Moderator zum ersten Vortrag des Abends über.
Herr Dr. Lutz Fähser, ehemals leitender Forstdirektor und Leiter des „Bereiches Stadtwald“ der Hansestadt Lübeck, eröffnete den Abend.
Der Klimastress und der dramatische Verlust an Biodiversität betreffen auch die Forsten in Deutschland. Im 5.000 Hektar großen Wald der norddeutschen Stadt Lübeck wird seit 30 Jahren eine ökosystemorientierte, „Naturnahe Waldnutzung“ praktiziert. Diese wurde zur empfohlenen Referenz für Naturschutzverbände wie Greenpeace und Robin Wood, das Bundesamt für Naturschutz und seit 2023 auch für die Europäische Kommission. Das erste Zertifikat für Waldwirtschaft in Deutschland von "Naturland" basiert auf diesem Konzept, ebenso wie der deutsche Standard des FSC-Zertifikats. Dreißig Jahre Beobachtung und Dokumentation ermöglichen Interpretationen zur Entwicklung von Wirtschaftsforsten unter einem alternativen, ökosystemorientierten Management. Die Erkenntnisse zur Wirtschaftlichkeit sind erstaunlich, aber logisch: Ökologie schafft Ökonomie in der Waldwirtschaft.
Anschließend behandelte Frau Runkel, Leiterin Forstamt Hachenburg und Waldbildungszentrum Rheinland-Pfalz, das Thema Wald und Wasser.
Der Wasserrückhalt im Wald ist von großer Bedeutung angesichts der klimawandelbedingten Veränderungen im Wasserhaushalt und den daraus folgenden, gravierenden Auswirkungen für Mensch und Umwelt. Dürren und Starkregenereignisse werden in Zukunft häufiger auftreten. Der Wald spendet und produziert Wasser, braucht aber auch Wasser als wichtigsten Nährstoff zum eigenen Überleben. Wälder sind unverzichtbar für die Versorgung mit sauberem Trinkwasser für alles Leben. Damit die Wälder ihre vielfältigen Ökosystemleistungen erbringen können, müssen sie selbst die Möglichkeit haben, zu überleben. Die große Herausforderung besteht darin, die Wasserversorgung der Wälder sowohl in nassen als auch in trockenen Zeiten zu gewährleisten. Ab heute müssen wir das Thema Wasser immer mitdenken – überall und jederzeit. Ob zu wenig oder zu viel: Es geht um Wasser und damit auch um die Mutter des Wassers – den Wald.
Den Abschlussvortrag lieferte Herr Werner Schubert, wissenschaftlicher Mitarbeiter (Leiter i.R.) Naturschutzzentrum - Biologische Station - Hochsauerlandkreis e.V.
Wald ist nicht gleich Wald – zumindest nicht, wenn wir ihn aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Doch entspricht unsere gesetzliche Definition von Wald überhaupt noch den heutigen ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen? Müssen wir nicht unser Verständnis anpassen und die rechtlichen Rahmenbedingungen überdenken? Gerade im Sauerland, einer Region mit dichten Wäldern und offenen Landschaften, stellt sich die Frage: Brauchen wir nicht auch ein Gesetz zum Schutz des Offenlandes? Ist unser Wald wirklich gerettet, wenn wir vermehrt nicht gebietsheimische Baumarten pflanzen, oder müssen wir eine grundlegend andere Herangehensweise an einen unserer naturnahesten Lebensräume entwickeln?
Auch die Art und Weise, wie wir mit schutzwürdigen Wäldern umgehen, verdient eine kritische Betrachtung. Wäre ein verbindlicher Verhaltenskodex für ihre Bewirtschaftung sinnvoll? Und ist es nicht an der Zeit, den Begriff der mengenmäßigen Nachhaltigkeit durch ein umfassenderes Konzept biologischer Nachhaltigkeit zu ersetzen?
Die übliche Diskussionsrunde konnte aus zeitlichen Gründen nicht stattfinden. Dennoch entließen die sehr spannenden Vorträge das Publikum schlussendlich begeistert in den frühlingshaften Abend.
Einladung zum 24. LVR-Forum Naturschutz und Kulturlandschaft (PDF, 157 KB)
Das 25. LVR-Forum Naturschutz und Kulturlandschaft im Rheinland findet am 19. November von 17:30 Uhr bis 19:30 Uhr (Einlass ab 17:00 Uhr) im Rheinlandsaal des Landeshauses (Kennedy-Ufer 2, 50679 Köln-Deutz) statt.
Die Vorträge des Abends sind:
„Kann und darf Naturschutz Kultur schützen? Ein Spannungsfeld im Moor!“
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joosten, Universität Greifswald, Partner im Greifswald Moor Centrum/Stiftung Moorbibliothek.
Die heutigen Landschaften – auch jene in Naturschutzgebieten – tragen die Spuren jahrtausendelanger Einflüsse menschlicher Aktivitäten und natürlicher Prozesse. Im Vortrag thematisiert Herr Prof. Dr. Joosten die grundlegenden Probleme, mit denen Kultur- und Naturschutz bei der Verwirklichung ihrer Ziele konfrontiert sind, da jede notwendige Tätigkeit letztlich dem Schutz ihrer Objekte entgegenwirkt. In den kommenden Jahrzehnten werden Moorwiedervernässung und -restauration die Moorlandschaften in einem kaum vorstellbaren Umfang verändern, um die Klimaziele zu erreichen und unsere Gesellschaft klimaresilienter zu machen. Das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ der Bundesrepublik Deutschland, die EU-Wiederherstellungsverordnung sowie die EU-Verordnung „Carbon Removal Certification Framework“ sind einige der Mechanismen, die dazu beitragen sollen, dass künftig pro Jahr bis zu 50.000 bzw. 500.000 Hektar entwässerter Moorboden in Deutschland bzw. in der EU wiedervernässt werden. Dabei gilt es, in diesem Prozess Natur und Klima effektiv zu schützen, ohne dabei zu viele Kulturwerte zu verlieren.
„Renaturierung von Moorlebensräumen auf der Bergischen Heideterrasse“
Alina Schulz, BUND NRW e. V., Projektkoordination – „Wiedervernässung Bergische Heideterrasse“.
Auf der rechtsrheinisch gelegenen Bergischen Heideterrasse existieren noch zahlreiche Moorlebensräume. Entwässerung, Klimawandel, Zersiedlung und viele andere Faktoren bedrohen diese wertvollen Biotope. In einem Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben konnte der BUND bereits rund 500 Hektar entwässerter Moorlebensräume identifizieren, die sich für eine Wiedervernässung eignen. Das Projektteam arbeitet seit über zwei Jahren mit Freiwilligen auf der Bergischen Heideterrasse und vernässt händisch degradierte Moorstandorte. Welche Ziele sich die Naturschützer*innen gesetzt haben, wie sie diese erreichen wollen und welche Erfahrungen sie bisher gemacht haben, wird in dem Vortrag genauer beleuchtet.
„Das Further Moor in Langenfeld – Heidemoore brauchen Nutzung“
Moritz Schulze, Biologischen Station Haus Bürgel e.V., Gebietsbetreuung Further Moor & Hildener Heide Koordination von Landschaftspflegearbeiten, Faunistische und floristische Kartierung.
Das Further Moor, eines der letzten Heidemoore in der Niederrheinischen Bucht, gehört zum Betreuungsgebiet der Biologischen Station Haus Bürgel. Im Sinne des Klimaschutzes wird eine vollständige Renaturierung und Ausweitung des Moores angestrebt. Dazu gehören die gezielte Wiedervernässung der Fläche, die Fällung überzähliger, die Moorentwicklung beeinträchtigender Bäume sowie die Etablierung der ursprünglichen, natürlichen Pflanzenwelt.
Im Rahmen des Vortrags werden neben der historischen Entwicklung des Gebiets der aktuelle Bestand an Lebensraumtypen und Arten, die auf das Moor einwirkenden Probleme sowie das daraus abgeleitete Maßnahmenkonzept vorgestellt. Erste Erfolge der Biologischen Station und bereits umgesetzte Maßnahmen erlauben einen optimistischen Blick in die Zukunft.
Ein intaktes Further Moor kann als Erholungs-, Erlebnis- und Bildungsraum von überregionaler Bedeutung dienen, zum Schutz eines der bedrohtesten Biotoptypen beitragen und in erheblichem Maße den zunehmend wichtigen Klimaschutz fördern.
Im Anschluss an die Vorträge wird es eine offene Diskussionsrunde geben. Das Thema dafür lautet: „Moore im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und der Bewahrung des landschaftlichen Kulturerbes“. Die Moderation wird Dr. Jan Boomers übernehmen.
Wenn Sie nicht persönlich zur Veranstaltung kommen können, haben Sie auch die Möglichkeit, online teilzunehmen. Dafür brauchen Sie lediglich einen Computer, ein Tablet oder Smartphone. Dieser Link führt Sie zu der Veranstaltung, der virtuelle Sitzungsraum wird ab 17 Uhr geöffnet: https://lvr-de.zoom.us/j/61896592368?pwd=pjnIMw9je3jIcZGboxiaXtITs9g26a.1.
(Meeting-ID: 618 9659 2368; Kenncode: 767382).
Weitere Informationen unter: www.biostationen-rheinland.lvr.de
Einladung zum 25. LVR-Forum Naturschutz und Kulturlandschaft (PDF, 136 KB)
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